Ein OFFENER BRIEF an den Stadtrat

Sehr geehrte Damen und Herren, werte Stadträte und Stadträtinnen.

 

Dachzustand 01.08.2015
Dachzustand 01.08.2015

Wir bitten Sie, den Antrag Vl-A-02140 zur “Notsicherung der Liegenschaft Eisenbahnstraße 162, ‘Kino der Jugend'” mit Ihrer Stimme zu unterstützen.  Wenn es uns als Stadt – Verwaltung, Politik und Bürgerschaft – nicht gelingt, das ehemalige “Kino der Jugend” vor Verfall und Abriss zu retten, verliert der Leipziger Osten das letzte der  früher profilgebenden Kinos und damit auch die Chance auf einen großen Kultursaal inmitten der Quartiere. Der Zustand des Gebäudes ist dramatisch und duldet keinen Aufschub! Die von der Stadtverwaltung in den letzten Jahren eingeleiteten Maßnahmen zur Verkehrssicherung, zu denen u.a. das Entfernen der unteren Dachziegelreihen zählte, haben maßgeblich zum ruinösen Zustand der denkmalgeschützten Immobilie beigetragen.

Engagierte Nachbarn 04.12.15
Engagierte Nachbarn 04.12.15

Die freigelegten Mauerkronen und das substanzzehrende Eindringen von Regenwasser sind wichtige Gründe, warum auf dem freien Immobilienmarkt kaum mehr Interesse an dem Gebäude besteht. Wenn wir jetzt nicht handeln und schnell die Maßnahmen zur Substanzsicherung einleiten, steigen die Kosten derart, dass eine Rettung unbezahlbar werden dürfte. Und Leipzig würde ein weiteres kulturgeschichtlich bedeutendes Gebäude verlieren. Wir sind uns bewusst, dass in den letzten Jahren auch im Stadtrat ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat, der den Wechsel der Stadt von einer “shrinking city” zur “boomtown” reflektiert.

 

Deshalb bitten wir Sie nachdrücklich: Machen Sie sich stark für die Rettung des Kinos der Jugend! Gemeinsam können wir das Erbe unserer Stadt erhalten, schützen und entwickeln.

[…]

… den ganzen offenen Brief als PDF lesen.

Viel Zuspruch bei Übergabe der über 1.000 Unterschriften

Rathaus-BannerAls sich die 15-köpfige Speerspitze der IG FORTUNA | Kino der Jugend am vergangenen Donnerstag eine halbe Stunde vor Beginn der Stadtratsitzung mit Bannern vor dem PlenarsaaUebergabe-OBMl aufbaute, war das Presseinteresse eher gering. Dagegen nutzen einige Stadträte, unter anderen auch Sozialbürgermeister Faber, die Gelegenheit für ein kurzes Gespräch über das Kino der Jugend. Oberbürgermeister Jung rauschte dagegen erst kurz vor knapp in Richtung Sitzung und nahm sich des großen Stapels Unterschriften eher im Vorübergehen an. Jaja, vielbeschäftigt unser OBM. Nichtsdestotrotz freuten sich alle über den positiven Zuspruch aus dem Stadtrat und gingen kurz nach Sitzungsstart mit frisch nachgetankten Kräften wieder auseinander.

PRESSEMITTEILUNG: IG FORTUNA – Bereits über 1.000 Unterschriften für den Erhalt des “Kino der Jugend”

Als sich die “IG FORTUNA | Kino der Jugend” vor knapp zwei Monaten gründete, ahnte kaum einer, welche Bedeutung das 1987 geschlossene Kino in der Eisenbahnstraße 162 für viele Leipzigerinnen und Leipziger bis heute besitzt. Diese hohe Resonanz können die “Kinoretter” nun auch mit Zahlen untermauern. Ohne großen Aufwand hat die Interessengemeinschaft, in der sich neben Nachbarn und jungen Kulturschaffenden auch die vier zentralen Bürgervereine der angrenzenden Viertel (Neustädter Markt e.V., BV Volkmarsdorf, Bülowviertel e.V., BV Sellerhausen-Stünz) zusammengetan haben, bereits über 1.000 Unterschriften für den Erhalt des Gebäudes gesammelt. “Wo auch immer wir für die Rettung des Kinos geworben haben, sind wir auf eine Welle der Sympathie gestoßen.” bestätigt Jörg Werner, einer der engagierten Nachbarn in der IG.

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Mittlerweile ist klar, dass die in der Zeit der Weimarer Republik zum Kino umfunktionierte Industriehalle auch ein Symbol für die sich verändernde Stadtentwicklung ist. Leipzig galt nach der Wende als Paradebeispiel einer “schrumpfenden Stadt” mit hohem Wohnungsleerstand, niedriger Geburtenrate und starker Deindustrialisierung. Die vielen Brachen vor dem Verfall zu schützen, war aufgrund geringer Steuereinnahmen aus der Stadtkasse kaum zu finanzieren. Heute dagegen ist Leipzig wieder zur “Boomtown” geworden, eine der im bundesweiten Vergleich am schnellsten wachsenden Städte Deutschlands. Investoren überschlagen sich beim Run auf die Immobilien, bezahlbarer Wohnraum kann schon jetzt als knappes Gut gelten und immer mehr junge Menschen zieht es in das bunte, kulturbewegte Leipzig. Aufgrund der besonderen Baugeschichte ging diese Entwicklung jedoch bisher am ehemaligen “Kino der Jugend” vorbei. Nachdem bereits 2012 Abrisspläne am Denkmalschutz scheiterten, gilt die der Kommune gehörende und vom Liegenschaftsamt verwaltete Immobilie als nahezu wertlos. Das Grundstück, das kaum größer ist als das Gebäude, der hohe Sanierungsaufwand und mögliche Bodenbelastungen aus der Zeit der industriellen Nutzung vor 1928 machen das Kino praktisch unverkäuflich. Trotzdem will das Liegenschaftsamt die Immobilie schnellstens versteigern, da die Kosten der Verkehrssicherung aufgrund des sich verschlechternden baulichen Zustandes in die Höhe gehen. Momentan befindet sich das Objekt noch in der Eignungsprüfung beim Sozialamt bezüglich einer potentiellen Nutzung als Flüchtlingsunterbringung, was allein schon wegen der Einsturzgefahr unmöglich ist, danach kann die Ausschreibung aber sehr schnell erfolgen. Dass ein privater Eigentümer nach dem Erwerb des Kinos zügig abreißen könnte, davon ist Daniel Schade, der Sprecher der IG, überzeugt: “Was die nächsten zwei Winter nicht erledigen, übernimmt dann die Abrissbirne. Für einen privaten Käufer ist nur der Grund und Boden eine Investition wert.”

.Fortuna 12.10.2015Beim letzten Treffen des Stadtbezirksbeirat Ost hat die IG deshalb ihr Anliegen vorgetragen, das ehemalige “Kino der Jugend” zu erhalten und wieder einer Nutzung als Kultursaal zuzuführen. Dank Vermittlung des Stadtbezirksbeirates konnte dabei auch mit Vertretern des Amts für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung (ASW) und des Liegenschaftsamtes diskutiert werden. Größte Sorge macht der IG vor allem das offene Dach. Ein Notdach müsse schnellstens errichtet werden. Das Liegenschaftsamt schätzt die Kosten dafür auf ca. 120.000 Euro und will diese aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit nicht finanzieren. Die IG setzt ihre Hoffnung nun auf zurücklaufende Gelder, die noch in dieser Haushaltsperiode ausgegeben werden müssen und deshalb umgewidmet werden könnten. “Bisher haben wir aus Verwaltung und Politik nur positives Feedback für unsere Idee erhalten. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!”, so Schade kämpferisch.

Angeregt vom ASW drängt die IG außerdem darauf, dass die Ausschreibung der Immobilie wenn überhaupt dann nur im Erbbaurecht und im Konzeptvergabeverfahren erfolgt. Hierbei kann die Kommune als Eigentümerin Kriterien für die spätere Nutzung festlegen und sich aus dem Kreis der Bieter den mit dem geeignetsten Konzept aussuchen, anstatt lediglich an den Höchstbietenden zu verkaufen. “Die Vergabe im Erbbaurecht und nach Konzept sind zwei wichtige kommunalpolitische Instrumente, um die Stadtentwicklung nachhaltig zu steuern, gerade bei der gegenwärtigen Marktlage. Entsprechende Erfahrungen konnten jüngst beim Alten Felsenkeller in Plagwitz gemacht werden., erklärt Roman Grabolle vom Haus- und WagenRat e.V., der die IG berät. Aufgrund des erwartbar geringen Verkaufserlöses hat das Liegenschaftsamt der IG bereits signalisiert, einer Konzeptvergabe positiv gegenüberzustehen. Zusammen mit dem ASW will die IG deshalb an möglichen Vergabekriterien arbeiten und auch selbst ein Konzept für einen multifunktionalen Kultursaal entwickeln. Die IG lädt hierzu alle Interessierten am Mittwoch, den 18.11., von 10-14 Uhr in die Eisenbahnstraße 143 (Ladenparterre, am Kino schräg gegenüber).

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Außerdem wird die IG zur kommenden Stadtratssitzung an diesen Donnerstag, den 19.11., die über 1.000 Unterschriften, die bereits gesammelt wurden, an den Oberbürgermeister Burkhard Jung öffentlichkeitswirksam übergeben, um ihn auf die kritische Lage des Kinos aufmerksam zu machen und als Unterstützer der Rettung zu gewinnen. Die IG lädt hierzu alle interessierten Leipziger/-innen ab 13:30 Uhr in das Foyer des Neuen Rathauses. Zu diesem Termin stehen auch Vertreter/-innen der IG für weitere Fragen zur Verfügung.

 

Pressekontakt:

Daniel.Schade[ät]ost-passage-theater.de

Telefon: 0177 / 488 555 9

… auch bei Facebook: https://www.facebook.com/igfortuna

PRESSEMITTEILUNG 11.09.2015

GEGEN DEN ABRISS des ehemaligen “Kino der Jugend, Eisenbahnstr. 162, LeipzigVolkmarsdorf

1928 wurden die „Fortuna-Lichtspiele“ in der drei Jahre zuvor stillgelegten Gasanstalt Leipzig-Ost mit 989 Sitzplätzen eröffnet. Eindrucksvoll warb von nun an eine im Stil des Art-Déco gestaltete Schaufront mit großem Staffelgiebel und einer Plastik über dem Eingang um zahlendes Publikum. Im Jahr 1946 steht „Lichtspielhaus der Jugend“ über den Plänen für eine Vergrößerung der vor der Leinwand befindlichen Bühne. Später folgten die Umstellung auf Breitfilmformat und eine 1957 abgeschlossene Renovierung. Für 1985 wurde die Sitzplatzzahl noch mit 551 angegeben; im Jahr 1987 erfolgte jedoch die Schließung des auch als „Kino der Jugend“ bekannten Filmtheaters. Seitdem steht das Haus leer, heute in verwahrlostem Zustand. Gebäude und Grundstück gehören der Stadt Leipzig und stehen unter Denkmalschutz.

Fortuna-2015-FrontZeit aufzuräumen und das alte Kino zu retten, möchte man meinen, ist doch mit dem vermehrten Zuzug in den Leipziger Osten auch eine wesentlich erhöhte Nachfrage nach ausreichend großen Kunst- und Kulturräumen entstanden, und der Leipziger Osten eben vergleichsweise wenig entwickelt. Doch die Stadt Leipzig plant nun offensichtlich den Abriss. Das Liegenschaftsamt versucht zwar, die Immobilie noch einmal auf den Markt zu werfen, aber einem privaten Investor würde wegen des Mangels an Nebenflächen ohnehin nichts bleiben als abzureißen. Und das Amt für Straßenbeleuchtung, welches sich in der ehemaligen Gasanstalt eingerichtet hat, träumt schon von einem überdachten Parkplatz für die eigenen Fahrzeuge. Maschinenpark statt Kultureinrichtung also, und das mitten in dem immer dichter besiedelten Wohngebiet in Volkmarsdorf, wo Räume für Kunst und Kultur, Orte der Begegnung und des Austausches, dringend benötigt werden.

Daniel Schade, der mit der Initiative Ost-Passage Theater die Etage über dem Supermarkt in der Konradstraße 27 wiederbeleben will, äußert Kritik an der Strategie der Stadtplaner: “Der Parkbogen ist eine schöne Idee, aber er führt außen um die Stadtteile im nahen Osten herum. Die Kulturdenk-mäler und historisch gewachsenen Begegnungsstätten im Herzen der Viertel lässt man dagegen verfallen. Große Säle sind im Leipziger Osten schon jetzt Mangelware. Und angesichts des wachsen-den Zuzugs erwarte ich von einer klugen Stadtplanung keine Prestigeprojekte, sondern handfeste Strategien, um der erhöhten Nachfrage nach Kulturräumen und Begegnungsstätten zu begegnen.”

Fortuna2015-innen3Zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern im Leipziger Osten soll der Abriss des Gebäudes deshalb verhindert werden. Andreas Bernatschek vom Bürgerverein Volkmarsdorf gibt sich kämpferisch: “Viele Nachbarn verbinden mit dem Kino einen Teil ihrer Jugend. Uns blutet das Herz allein schon bei dem Gedanken, dem Abriss tatenlos zusehen zu müssen.”

Zum FREIRAUM-Festival am 12.09., welches die OSTLichter 2015 eröffnet, startet deshalb eine große Unterschriftenaktion. Die Stadt Leipzig soll als Eigentümerin in die Pflicht genommen werden, sich für den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes einzusetzen. Thomas Noack vom UT Connewitz ist zuversichtlich: “Auch das UT Connewitz war einmal vom Abriss bedroht. Doch mit dem Engagement der Connewitzer und einem langen Atem konnten wir daraus den kulturellen Magneten entwickeln, der das UT heute ist. Warum sollte das in Volkmarsdorf nicht auch gelingen?”

Neben der Unterschriftenaktion wird es zum Tag des offenen Denkmals am kommenden Sonntag, den 13.09., auch einen Informationsstand vor dem abrissgefährdeten Gebäude geben. Interessierte können sich von 15-18 Uhr vor Ort über die Geschichte und den Zustand des Hauses informieren, Ideen und Dokumente zusammentragen und gemeinsam überlegen, wie es weitergehen könnte.

Weiterer Kontakt über:

kontakt[ät]ig-fortuna.de

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