GEGEN DEN ABRISS des ehemaligen “Kino der Jugend“, Eisenbahnstr. 162, Leipzig–Volkmarsdorf
1928 wurden die „Fortuna-Lichtspiele“ in der drei Jahre zuvor stillgelegten Gasanstalt Leipzig-Ost mit 989 Sitzplätzen eröffnet. Eindrucksvoll warb von nun an eine im Stil des Art-Déco gestaltete Schaufront mit großem Staffelgiebel und einer Plastik über dem Eingang um zahlendes Publikum. Im Jahr 1946 steht „Lichtspielhaus der Jugend“ über den Plänen für eine Vergrößerung der vor der Leinwand befindlichen Bühne. Später folgten die Umstellung auf Breitfilmformat und eine 1957 abgeschlossene Renovierung. Für 1985 wurde die Sitzplatzzahl noch mit 551 angegeben; im Jahr 1987 erfolgte jedoch die Schließung des auch als „Kino der Jugend“ bekannten Filmtheaters. Seitdem steht das Haus leer, heute in verwahrlostem Zustand. Gebäude und Grundstück gehören der Stadt Leipzig und stehen unter Denkmalschutz.
Zeit aufzuräumen und das alte Kino zu retten, möchte man meinen, ist doch mit dem vermehrten Zuzug in den Leipziger Osten auch eine wesentlich erhöhte Nachfrage nach ausreichend großen Kunst- und Kulturräumen entstanden, und der Leipziger Osten eben vergleichsweise wenig entwickelt. Doch die Stadt Leipzig plant nun offensichtlich den Abriss. Das Liegenschaftsamt versucht zwar, die Immobilie noch einmal auf den Markt zu werfen, aber einem privaten Investor würde wegen des Mangels an Nebenflächen ohnehin nichts bleiben als abzureißen. Und das Amt für Straßenbeleuchtung, welches sich in der ehemaligen Gasanstalt eingerichtet hat, träumt schon von einem überdachten Parkplatz für die eigenen Fahrzeuge. Maschinenpark statt Kultureinrichtung also, und das mitten in dem immer dichter besiedelten Wohngebiet in Volkmarsdorf, wo Räume für Kunst und Kultur, Orte der Begegnung und des Austausches, dringend benötigt werden.
Daniel Schade, der mit der Initiative Ost-Passage Theater die Etage über dem Supermarkt in der Konradstraße 27 wiederbeleben will, äußert Kritik an der Strategie der Stadtplaner: “Der Parkbogen ist eine schöne Idee, aber er führt außen um die Stadtteile im nahen Osten herum. Die Kulturdenk-mäler und historisch gewachsenen Begegnungsstätten im Herzen der Viertel lässt man dagegen verfallen. Große Säle sind im Leipziger Osten schon jetzt Mangelware. Und angesichts des wachsen-den Zuzugs erwarte ich von einer klugen Stadtplanung keine Prestigeprojekte, sondern handfeste Strategien, um der erhöhten Nachfrage nach Kulturräumen und Begegnungsstätten zu begegnen.”
Zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern im Leipziger Osten soll der Abriss des Gebäudes deshalb verhindert werden. Andreas Bernatschek vom Bürgerverein Volkmarsdorf gibt sich kämpferisch: “Viele Nachbarn verbinden mit dem Kino einen Teil ihrer Jugend. Uns blutet das Herz allein schon bei dem Gedanken, dem Abriss tatenlos zusehen zu müssen.”
Zum FREIRAUM-Festival am 12.09., welches die OSTLichter 2015 eröffnet, startet deshalb eine große Unterschriftenaktion. Die Stadt Leipzig soll als Eigentümerin in die Pflicht genommen werden, sich für den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes einzusetzen. Thomas Noack vom UT Connewitz ist zuversichtlich: “Auch das UT Connewitz war einmal vom Abriss bedroht. Doch mit dem Engagement der Connewitzer und einem langen Atem konnten wir daraus den kulturellen Magneten entwickeln, der das UT heute ist. Warum sollte das in Volkmarsdorf nicht auch gelingen?”
Neben der Unterschriftenaktion wird es zum Tag des offenen Denkmals am kommenden Sonntag, den 13.09., auch einen Informationsstand vor dem abrissgefährdeten Gebäude geben. Interessierte können sich von 15-18 Uhr vor Ort über die Geschichte und den Zustand des Hauses informieren, Ideen und Dokumente zusammentragen und gemeinsam überlegen, wie es weitergehen könnte.
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